Das Haus am Ende der Straße
von Lea
„Hallo“, rief ich unsicher. Ich bekam keine Antwort. Ein Lichtschein fiel durch einen schmalen Spalt der offen stehenden Tür. Vorsichtig drückte ich die Tür auf. Der Schrei, der noch vor einigen Sekunden von der anderen Straßenseite zu hören gewesen war, war bereits verklungen und es war still geworden. Der Geruch von Verdorbenem überraschte mich, wodurch ich einige Schritte zurück auf die Auffahrt stolperte. Ich nahm all meinen Mut zusammen und ging in das Haus, das schon leer stand, bevor ich hierhergezogen war. Die Vorhänge an den großen Fenstern waren zugezogen. Viele im Eingangsbereich angezündete Kerzen erregten meine Aufmerksamkeit. Sie waren von der Haustür bis zum nächsten Türrahmen aufgereiht. Wie kleine leuchtende Zinnsoldaten standen sie regungslos nebeneinander. Unvermittelt wanderten meine Augen zu zahlreichen Spiegeln, die im Eingangsbereich angebracht waren und das Licht vervielfachten. Einer hob sich von den anderen in Form, Größe und Farbe ab. Er zog mich fordernd an. Wie an einer Schnur gezogen, bewegte ich mich auf den Spiegel zu. Da bemerkte ich, dass nicht wie üblich meine braunen Augen mich zurückanschauten, sondern dass ich meinen leicht zerzausten Hinterkopf sah. Verwirrt blickte ich mich um. Plötzlich riss mich ein Geräusch aus meinen irritierten Gedanken. Offenbar eine Tür von oben, es war ein windiger Abend gewesen. Erstarrt blickte ich in Richtung der Treppen. Es waren zwei große, mächtige Treppen, die oben zusammenliefen. Ein roter Teppich, der an meinen Füßen endete, war auf ihnen ausgerollt.Ich ging nicht nach oben, sondern befand mich plötzlich in der Küche. Mein Blick fiel auf den Schrank über dem Waschbecken. Ein großer Handabdruck war darauf zu sehen. Ich nahm mein Handy und leuchtete den Abdruck an. Bei genauerem Hinschauen erkannte ich, dass er aus Blut bestand. Ich rieb meine Hände, um die entstandene Gänsehaut zu verscheuchen. Die winzigen Erhebungen kamen mir wie Gebirge vor.
Zögernd blickte ich mich weiter in der Küche um. Auf dem Fußboden waren weitere Tropfen Blut zu sehen, die intensiver wurden je weiter ich mich von dem Waschbecken entfernte. Es sah aus, als hätte eine Person mit blutverschmierten Händen versucht, das Waschbecken zu finden. Meine Beine waren noch schockschwer, als ich ein rufendes Kratzen hörte. Es schien ebenfalls von oben zu kommen. Das nicht aufhörende Geräusch ließ mich schlagartig angstnüchtern werden „Ich muss hier raus, ich muss hier raus!“, stammelte ich innerlich. Meiner Kehle entfuhr kein Laut. Langsam, aber entschlossen machte ich mich auf den Weg nach draußen. Mir fiel auf, dass die Tür, die ich eben noch weit offen gelassen hatte, verschlossen war. Mit meinem Handy leuchtete ich die nur einige Meter von mir entfernte Tür an. Sie war abgeschlossen und ließ sich nicht von innen öffnen. Die immer noch im Eingang stehenden Kerzen fingen an zu tanzen und ich spürte einen leichten Windstoß von oben. Eines der oberen Fenster musste geöffnet worden sein. Mit langsamen, schweren Schritten machte ich mich auf den Weg nach oben. Eine der Türen war offen und ich sah die Blutspur dort enden. In der Mitte des Raumes lag eine junge Frau mit braunem Haar. Ich drehte den leblosen Körper um und sah in mein Gesicht.
Jeden Tag
Sie macht ihre Augen auf. Fährt hin. Will nicht. Kann nicht. Muss aber. Sie verlässt das einzig noch Sichere, das „Haus der Ruhe“, und kommt wie jeden Tag an.
Wie ein Countdown, der sich immer weiter nähert. Drei Stunden verbleiben.
Sie scheinen glücklich und nett. Warum tun sie dann so etwas?
Zwei Stunden noch. Gefühllos sitzt sie da, weil sie muss. Sieht sie jemand? Oder ist sie nun wirklich so unsichtbar, wie sie sich fühlt?
Eine Stunde noch. Verwischt und unklar ist ihre Sicht, die hin und wieder starr auf die Uhr schaut. Eine halbe Stunde verbleibt. Die Zeit vergeht so langsam wie möglich, irgendwie auch zu schnell. Unauffällig blickt sie wieder zum Minutenzeiger, der nun aufgehört zu haben scheint. Wie ist es schon wieder Zeit?
Sie will nicht, kann nicht, zwingt sich aber, steht noch einmal auf, nimmt ihre Kraft zusammen und geht hinunter. Sie zählt ihre Schritte und vergleicht sie mit denen vom Vortag. Nur noch Minuten entfernt. Zehn Schritte nach vorn, drei nach rechts. Wie genießen das alle jeden Tag? Vielleicht klappt es ja heute.
Sie kann es auch lassen, doch dann ist es ihre Schuld, weil sie nicht versucht. Dann bleibt kein Grund, sich zu beschweren, doch selbst jetzt scheint es so. Deshalb atmet sie tief durch und stellt die Frage, die sie jeden Tag stellt, in der Hoffnung, dass es leichter wird, doch ihre Angst davor ist Tag für Tag nur größer geworden. Nun starren sie wieder dieselben zwanzig Augen an und die ruhige Stille wartet wie jeden Tag zuvor, um gebrochen zu werden. Sie wartet auch. Fast sicher, was sie gleich hören wird und was danach passieren müsste. Ihre hoffnungslosen Augen suchen dennoch nach kleinster Menge Glück, wovon ihr vor „Jeden Tag“ kein Stück gefehlt hatte. Sie will wieder dorthin, zu „vor Jeden Tag“.
Dann kommen sie plötzlich; die gleichen Worte wie jeden Tag, vielleicht etwas versetzt, die die Stille wie die gefühllose Ruhe in ihr zerbrechen.
Der Countdown stoppt. Die Gedanken brechen noch einmal aus. Die machtvollen Worte, auch wenn so sinnlos, werden in ihrem Kopf immer lauter wiederholt. Warum hatte sie noch Hoffnung? Noch kurz schaut sie auf die leicht lächelnden Lippen, von denen die Wörter immer kamen. Sie scheinen glücklich und nett. Warum sagen sie dann dasselbe jeden Tag?
Plötzlich merkt sie wieder, was sie nun erwartet. An Widerspruch denkt sie heute nicht. Hatte es jemals etwas gebracht? Ihre Augen blicken enttäuscht wieder auf den matten, von den vielen Schuhen dreckig gewordenen Boden. Sie dreht sich um und macht sich auf den Weg.
Schauen die starrenden Augen jemals weg? Das könnte sie jedenfalls nicht wissen; denn solange sie hinschaut, schauen sie auch hin. Sie zählt ihre Schritte im Kopf und vergleicht sie mit jedem Tag. Möglichst gleich soll die Anzahl werden, denn an anderes will und kann sie nicht mehr denken. Wie jeden Tag wieder, sie wollte nicht, konnte nicht, musste aber. Deshalb hat sie es irgendwie hinbekommen.
Den Moment hasst sie am meisten, wo die machtvollen Lippen alles bestimmen, ihre Schritte aufhören und ihre Augen nach einem Platz suchen müssen, am liebsten, wo die bekannten Augen nicht hinschauen können: schön hinter der Wand, die sie als einziger Beschützer sicher hält, wie ein fest verwurzelter Baum, mitten in der Strömung eines Wasserfalls. Doch vor Hunderten von unbekannten Augen muss sie ebenfalls flüchten, bevor sie hinschauen. Unsichtbar muss sie werden, wie sie in „Jeden Tag“ immer sein muss. Das hat sie nun gelernt, doch akzeptieren will sie es immer noch nicht. Unauffällig, sogar ihre Gedanken, die nun nichts mehr anstreben. Morgen versucht sie erst nicht. Es müsste bis jetzt etwas bringen. Jeden Tag reicht nun.
Sie setzt sich hin und traut sich, noch einen Blick hinter die Wand zu werfen. Die bekannten Augen schauen nun nicht mehr zurück. Doch die Lippen, sie haben noch immer ihr Lächeln nicht verloren. Geht es um sie? Oder ist sie längst vergessen? Das könnte sie jedenfalls nicht wissen, es scheint ihr jedoch, als würde die ganze Welt sie anstarren und beurteilen.
Konzentriert auf die Geräusche ihres Bestecks, fängt sie an, unauffällig zu essen. Schneller, um zu flüchten, oder auch langsam, damit die Augen sie erst verlassen, denn wohin könnte sie flüchten? Tief in Gedanken gesunken, vergeht ihr die nun bedeutungslos scheinende Zeit.
Plötzlich wird sie rasch aus dem tiefen Tal ihres Kopfes herausgezogen.
„Hasti!“, bemerkt sie wachsam.
Ihren Namen hatte sie lange nicht mehr außerhalb des Hauses der Ruhe gehört.
„Wir hatten dich gesucht!“
Diesmal sind es nicht die Wörter von jedem Tag, auch nicht von denselben Lippen, die die Kontrolle
ihrer Jeden Tag besaßen.
„Warum sitzt du hier?“.
Reden die Stimmen gerade wirklich mit ihr? Verwirrt schaut sie von ihrem Teller auf, erkennt
bekannte Augen und macht ihre lange stumm gewordenen trockenen Lippen auf, atmet noch einmal
tief ein und wiederholt ruhig die Wörter der Lippen, die sie jeden Tag gezwungen hatten, alleine zu
sitzen.
„Das ist sinnlos, musst du doch wissen!“.
Sie weiß es längst, die Worte waren jedoch so fest in ihr eingraviert, dass sie sie fast akzeptiert hatte.
Erleichtert atmet sie aus. Sie wird wahrgenommen und spürt ihre Anwesenheit langsam erwachen. Die gemeine Unsichtbarkeit verschwindet wie eine Hülle, die endlich abfällt. Und plötzlich scheint, als sei der gemeine Jeden Tag in einem Augenblick vorbei.
Le Pavillon du Soulagement
von Levin
Die Ampel sprang auf Grün um. Einen Augenblick später ließ Victor den tosenden Verkehr Brüssels hinter sich und tauchte in ein Naturparadies ein. Eine große Eiche spendete Schatten, darunter summten die Bienen in den Blumenstauden. Am Ende der langen Parkallee befand sich Victors Ziel, der Pavillon du Soulagement. Der Pavillon der Erleichterung. Der Erleichterung vom alltäglichen Brüsseler Arbeitsleben. Hier würde er sich um Punkt 15 Uhr mit Marie Louise treffen.
Die Suche nach ihr war ein leichtes Spiel. Die junge Frau mit feuerrotem Haar, einer dunklen Sonnenbrille und einem großen Hut war schwer zu übersehen.
„Der Kaffee ist kalt.“ Sie nahm ihre Sonnenbrille ab und musterte Victor scharf. Dieser ignorierte ihren Kommentar, setzte sich und kramte in seiner Tasche herum.
„Hier ist sie“, sagte er und reichte ihr eine schwarze Mappe mit goldenem Emblem. Für einige Minuten war Marie Louise damit beschäftigt, die Mappe zu überfliegen.
„Wie lange hast du sie beschattet?“, fragte sie.
„Drei Monate. Tag und Nacht“, sagte er erschöpft.
„Kurze Haare, hagerer Körper und ein spitzes Gesicht. Raucherin. Ausgesprochen große Liebe zu Tauben und ständige Aufenthalte in italienischen Restaurants“, las sie vor. Victor nickte und nahm einen Schluck Kaffee.
„Victor Dubois, manchmal bin ich mir nicht sicher, ob du wirklich Detektiv bist. Nimm die rosarote Brille ab. Die Frau ist eine kaltblütige Mörderin. Dir ist nichts aufgefallen? Sie muss doch etwas Verdächtiges getan haben“, sagte Marie Louise mit angespannter Stimme.
„Du kennst mich. Ich bin mit Herz und Seele Detektiv. Es ist aber nichts passiert. Ich war in ihrer Wohnung. Nichts! Die Frau mag irre sein, sie weiß das aber zu verstecken.“ Er wurde leiser. Die anderen Gäste sollten nichts von ihrem Gespräch mitbekommen. Marie Louise blätterte weiter in der Mappe.
„12. Mai, Aufenthalt im Justizpalast. Bist du ihr nicht rein gefolgt?“, fragte sie.
„Ging nicht, am Eingang wurde ich abgefangen und durch ein Fenster einzudringen ist unmöglich. Sie war aber auch nicht lange dort, maximal 40 Minuten.“
Victor rückte jetzt noch näher an Marie Louise heran und begann zu flüstern:
„Sie scheint etwas mit dem Generalstaatsanwalt zu tun zu haben. Die beiden treffen sich oft in einer Wohnung in Etterbeek.“ Victor war kaum noch zu verstehen.
„Den bringt sie auch noch um, da bin ich mir sicher“, sagte Marie Louise laut lachend.
„Sei still, du ziehst wieder alle Aufmerksamkeit auf uns.“ Victor nahm einen weiteren Schluck des kalten Kaffees. Er fing wieder an, zu flüstern:
„Ist das dein Ernst? Ich bin mir nicht sicher, ob sie ihn wirklich umbringen würde.“
„So sicher wie das Amen in der Kirche. Du bezahlst. Ich habe einen Termin.“
Sie setzte ihre Sonnenbrille auf und verließ das kleine Café.
Kurze Zeit später machte sich auch Victor auf den Weg. Er wollte sich über den Generalstaatsanwalt informieren. Victor verließ das Gebäude und bemerkte einen großen Taubenschwarm über sich hinwegfliegen. Unter der Kuppel des zirkusähnlichen Pavillons befand sich ein Taubenschlag. Etwas schien die Tauben in dieser ruhigen Oase der Natur verschreckt zu haben. Ihm war nicht ersichtlich, was es sein könnte.
Er ging ein paar Schritte und setzte sich auf eine Parkbank. Eine Taube beobachtete ihn mit Argusaugen. Sie pickte die Krümel einer Eiswaffel vom staubigen Boden auf. Victor beobachtete das Treiben im Park. Eine Mutter mit ihrer Tochter und der zugehörigen Puppe spazierten entlang eines großen Wasserbeckens. Auf der gegenüberliegenden Bank saß ein junges Pärchen, das sich ein kleines Picknick aufgebaut hatte. Das kleine Mädchen ließ seine Puppe in das Wasserbecken fallen. Ein couragierter Gärtner eilte sofort mit einer Harke zur Hilfe. Nach einiger Zeit setzte sich jemand neben Victor. Er schrieb in dem Moment einige Beobachtungen in ein kleines Buch. Als er es wegsteckte, sprach ihn eine raue Stimme an. Victor erschrak und drehte sich zu seiner hageren Sitznachbarin um.
„Sie haben sicher eine Zigarette für mich, nicht wahr?“, sagte sie.
Das Pärchen küsste sich, die Mutter dankte dem Gärtner lächelnd und das Mädchen strahlte, weil es seine Puppe wieder hatte. Daneben saß der vor Schreck wie zu Stein gewordene Detektiv Victor Dubois. Mit zittriger Hand griff Victor in die Tasche, holte eine Schachtel heraus und reichte der Frau eine Zigarette.
Die Kurzhaarige fixierte ihn mit einem breiten Lächeln:
„Vielen Dank, Monsieur Dubois.“
The road not taken
Er starrte auf den dunklen Bildschirm. Jeden Moment könnte es passieren. Er saß an der Stirnseite seines Esstischs, das Handy vor ihm liegend. Die Finger seiner rechten Hand tippten abwechselnd auf das Mahagoni. Jetzt gleich musste es geschehen. Schon seit zwei Stunden harrte er aus. Nein, um genau zu sein, waren es schon beinahe drei Tage, die er auf diesen Anruf wartete. Jedes Mal, wenn sein Handy geklingelt hatte, war er sofort rangegangen und jedes Mal hatte er voller Enttäuschung wieder aufgelegt. Der Impuls, das Handy zu zertrümmern, wurde mit jeder Minute, die er hier in der Küche verbrachte, stärker. Er tippe auf das Display, 22:13, Akku bei 90%, keine neuen Mitteilungen. Er seufzte und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Es wäre am besten, ohne ein weiteres Wort zu verschwinden; all seine Probleme wären gelöst. Aber er wollte es einfach wissen, auch wenn er die Entscheidung, die mit diesem Wissen auf ihn zukam, nicht treffen wollte. Er stand auf und begann in der Küche umherzustreunen wie ein Tier im Käfig, das nur auf die richtige Gelegenheit wartete, auszubrechen. Der Kühlschrank war fast leer, nur ein Milchkarton und ein paar gammelnde Äpfel schauten ihm höhnisch entgegen. Margo würde bei diesem Anblick im Dreieck springen. Margo…Eigentlich hatte er sich seit ihrer Trennung verboten, auch nur an ihr entzückendes Gesicht zu denken. Aber die neueren Entwicklungen erlaubten ihm, ja verlangten gar von ihm, sich über ihre Beziehung den Kopf zu zerbrechen. Die Abwesenheit von Lebensmitteln in seiner Wohnung waren nicht mal das schlimmste gewesen, was sie an ihm gestört hatte. Vielleicht hatten seine Lügen ein wenig zu seiner jetzigen Einsamkeit beigetragen. Eigentlich hätte sie ihm nicht mal eine Erklärung geschuldet, er war derjenige, der sich hätte erklären müssen. Doch so war sie eben, gutherzig und naiv. Seine Mutter hatte ihm früher schon immer gesagt, eines Tages würde sein Verhalten Margo vertreiben. Sie war zu gut zu ihm, für ihn, gewesen. Damals hat er nur angefangen zu schimpfen, doch inzwischen sah er, wie Recht seine Mutter doch gehabt hatte. Vor ihrem Tod hatte sie ihm extra eingeschärft, sie ja nicht zu verlieren. Doch genau das war passiert. Sie war seine Sonne gewesen, seine Perle, seine Margo. Sie hatten sich darauf geeinigt, sich nie wiederzusehen. Es wäre am besten gewesen, wäre es dabeigeblieben. Er war vor Überraschung fast ohnmächtig geworden, als ihr Name vor einer Woche auf seinem Handydisplay aufgeleuchtet hatte. Er nahm die Milch und machte sich eine Schüssel Cornflakes. Dieser ganze Stress konnte nicht gut für seine mentale Gesundheit sein. Er hatte Gänsehaut am ganzen Körper. Die ganze Warterei machte ihn schlichtweg wahnsinnig. Er ging rüber zum Küchentisch, um sich erneut zu vergewissern, dass das Handy auch noch genügend Akku hatte, damit er den Anruf ja nicht verpasste. Das Personal aus dem Krankenhaus hat gesagt, es würde maximal 3 Tage dauern, bis sie ein klares Ergebnis vorliegen haben würden. Hatten sie ihn vergessen? War Margo schon längst informiert und hat sich dazu entschieden, ihn weiter im Dunkeln tappen zu lassen? Nein, so war sie nicht. Er konnte sich glücklich schätzen, dass sie ihm überhaupt Bescheid gesagt hatte, kein Gesetz verpflichtete sie dazu. Sie zwang ihn zu nichts. Doch wegen ihrer Güte stand er nun vor der wichtigsten Entscheidung seines Daseins und es schien einfach kein Richtig oder Falsch zu geben. Auf einmal musste er an das Gedicht von Robert Frost über einen unbegangenen Weg denken. Es war mit das Einzige, was ihm aus seiner Schulzeit noch in Erinnerung geblieben war. Irgendetwas an seiner einfachen Struktur hatte es ihm angetan. Wie ging nochmal der erste Vers? Noch bevor es ihm einfiel, ließ der plötzliche Auftakt an Tönen und Vibrationen seinen Wirbel an Gedanken pausieren. Und es überraschte ihn selbst, aber er hoffte, das Kind war seins.