Kontakte knüpfen, Kompetenzen erlangen, Neues lernen, um es weiterzugeben, eine unvergessliche Zeit haben – das war mein Besuch des 195. jugend presse kongresses der young leaders GmbH.
Dieser fand vom 21. bis 23. Juni 2024 in Paderborn mit rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus ganz Deutschland statt. Sicher fragt ihr euch, was das ist und wer young leaders ist. Young leaders fördert sozial engagierte Jugendliche im Alter von 15 bis 21 Jahren, indem die Organisation ihnen die Möglichkeit bietet, an Workshops, Akademien und in diesem Fall Kongressen teilzunehmen. Im Folgenden erzähle ich euch von meinem Erlebnis auf dem jugend presse kongress, auf den mich Herr Trepte dankenswerterweise aufmerksam gemacht hat:
Bereits auf meiner Anreise zur Jugendherberge in Paderborn lernte ich andere Jugendliche kennen, die ebenso mit mir am Kongress teilgenommen haben. Nach einer kurzen Einweisung, einer Erklärung des Veranstaltungsablaufs und der Zimmerverteilung habe ich mich zum Essen begeben. Die Atmosphäre war anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Zwar saß man mit Menschen zusammen, die man vorher noch nicht kannte, nach einer kurzen Vorstellrunde fühlte man sich jedoch schnell wohl. Nach dem Essen erkundeten wir in Kleingruppen Paderborn und schauten ein EM-Spiel in einem Restaurant.
Nach einem leckeren Frühstück am nächsten Morgen ging es für uns zum Heinz Nixdorf MuseumsForum, in welchem der Kongress getagt hat und wo die Veranstaltung erst richtig losging. Zu Beginn wurden wir in das Kongressthema „Nachhaltigkeit und Mobilität“ eingeführt. Über dieses wichtige Thema hatte ich mir bis zur Veranstaltung noch nicht viele Gedanken gemacht. Konzepte wie die Umstellung auf öffentliche Verkehrsmittel oder der Wechsel von Verbrennungs- zu Elektromotoren mögen einem zunächst in den Sinn kommen, aber damit ist es nicht getan. Es gibt noch sehr viel mehr über das Thema zu wissen, wie ich im Laufe der Veranstaltung erfahren durfte.
Im Anschluss an die Einführung folgte ein Vortrag zum Thema „Fakten, Fake News und Fiktionen – wie Medien unsere Wahrnehmung prägen“. Dr. Guido Heinen, Ministerialdirigent im Deutschen Bundestag, hat nicht nur erklärt, was „Fake News” und „Framing“ bedeuten, sondern diese auch an Alltagsbeispielen veranschaulicht. Dadurch hat er meine Medienkompetenz sowie die von rund 100 anderen Wissbegierigen vertieft. Besonders gefiel mir, wie wir eine erst seriös scheinende Nachricht näher durchleuchtet haben und damit das Hinterfragen von Medien und Prüfen von Quellen selbst erlernten.
Nach einer kurzen Pause ging es nun darum, selbst zu arbeiten und zu lernen, was Journalismus wirklich heißt. Die Teilnehmer des Kongresses durften bereits im Vorfeld auswählen, in welcher der drei Workshop-Gruppen sie gerne arbeiten wollten. Darunter die Gruppe „Print“, welche mit Expertinnen und Experten Interviews führen und daraus eine Zeitung erstellen sollte, die vom 195. jugend presse kongress berichtet. Zudem gab es das „Webmag“-Team, welches eine Website, bestehend aus Berichten, Bildern und Videos, in denen ebenso Expertinnen und Experten interviewt wurden, im Laufe des Kongresses erstellte. Ich wurde, wie erhofft, dem Team „TV“ zugeteilt.
In diesem erarbeiteten wir gemeinsam mit der Fernsehmoderatorin Susann Reichenbach Schritt für Schritt, was ein Interview ist, welches Ziel es verfolgt, wie man Interviewfragen besonders interessant gestaltet und einiges mehr. Nachdem wir dieses Wissen erworben hatten, war es Zeit, es anzuwenden. Die große TV Gruppe wurde dafür in mehrere Kleingruppen eingeteilt, welche je ein Interview mit einem Experten oder einer Expertin führen sollten. Der zu interviewende Experte meiner Gruppe war Prof. Dr. Jürgen Krahl, Präsident der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Interessante Interviewfragen zu formulieren ist schwerer, als man denkt – selbst nach so einem intensiven Briefing, welches wir durch Susann Reichenbach erfahren durften. Nach eingehender Recherche zu Herrn Krahl und ausführlichen Diskussionen in meiner Gruppe, konnten wir jedoch einige interessante Fragen für unser Interview zusammenstellen.
Nach einer Mittagspause ging es weiter mit einer Ansprache von Herrn Nixdorf, dessen Vater das Heinz Nixdorf MuseumsForum gewidmet ist, in dem der Kongress stattfand. Auch der gesamte 195. jugend presse kongress wurde unter anderem von der Heinz Nixdorf Stiftung gefördert. Nach Herrn Nixdorfs Ansprache sprach Prof. Dr. Stephan Seiter, Mitglied des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages, beginnend über „Soziale Marktwirtschaft, Technologieoffenheit und Digitalisierung: Erfolgsvoraussetzungen für unsere Zukunft“. Er erläuterte unter anderem die Frage, ob Innovation durch Verbote erzwingbar ist. So vertritt er die Ansicht, dass Wege versperrt werden könnten, wenn wir durch Verbote die Weiterentwicklung von Technologien ausschließen. Folgende zentrale Botschaft nehme ich aus seinem Vortrag für mich mit: Es ist nicht von Vorteil, aus einer Vielzahl von möglichen Wegen für die Zukunft einen zu wählen und andere zu verbieten, ohne zu wissen, wie die Zukunft tatsächlich aussehen wird.
Nach der inspirierenden Rede von Prof. Dr. Seiter, der einige mir bisher unbekannte Aspekte zur Sozialen Marktwirtschaft darlegte, setzte sich nun Dr. Cornelia Lawrenz mit der Frage auseinander, ob nachhaltiger Katastrophenschutz möglich ist. Frau Lawrenz ist Geschäftsführerin der Stiftung Technisches Hilfswerk (THW) und war zuvor Projektleiterin im Bereich Bevölkerungs- und Katastrophenschutz.
Das THW ist eine deutsche Katastrophenschutzorganisation, die bei Naturkatastrophen, Unglücken und humanitären Notlagen im In- und Ausland unterstützt. Dabei sind 98% der Einsatzkräfte ehrenamtliche He. Zu den Hauptaufgaben des THW gehören technische Hilfeleistung, Bergung und Rettung von Menschen sowie die Versorgung mit Infrastruktur, beispielsweise durch Brücken- und Dammbau. Doch wie kann Katastrophenschutz nachhaltig gestaltet werden? Das Problem in Bezug auf Nachhaltigkeit ist, dass bei Katastrophen schnell gehandelt werden muss. Deshalb sind die „Blauen Engel“, wie die Einsatzkräfte intern genannt werden, innerhalb von sechs Stunden am Unglücksort. Die Bahn als Verkehrsmittel ist keine Lösung, da die notwendige Ausrüstung, wie sie für den Brücken- oder Dammbau benötigt wird, schnell zum Einsatzort gebracht werden muss. Dafür stehen unzählige verschieden ausgestattete Lastkraftwagen und andere Fahrzeuge zur Verfügung.
Lawrenz erklärte uns in ihrem Vortrag, dass die Nutzung von E-Motoren für die Einsatzfahrzeuge derzeit nicht möglich ist, da die Batterien bislang in der benötigten Größe nicht verfügbar sind. „Doch das THW ergreift bereits in der gesamten Organisation Maßnahmen zum Umweltschutz“, heißt es auf der Website des THW. Diese hier aufzuzählen, wäre zu umfangreich.
Frau Lawrenz betont in einem Interview auf dem jugend presse kongress, wie Nachhaltigkeit immer mehr in den Vordergrund der Arbeit der Einsatzkräfte rückt und sendet dabei eine starke Botschaft: „Neben Fahrgemeinschaften, E-Lastenrädern und regionalen Lebensmitteln versuchen die THWler mit einer Vorbildfunktion Nachhaltigkeit nicht als Verzicht zu sehen, sondern als einen Appell, der bei allen persönlichen und institutionellen Entscheidungen zu berücksichtigen ist.“
Nun beschäftigte sich Herr Prof. Dr. Jürgen Krahl, der zu interviewende Experte meiner TV-Gruppe, in seinem Vortrag über „Perspektiven des Verbrennungsmotors und alternativer Kraftstoffe vor dem Hintergrund internationaler Klimaschutzkonzepte“ mit der Frage der Mobilität der Zukunft. Im Hinblick auf kommende Generationen wurden unter anderem zum Schutz des Klimas Forderungen in den 17 Nachhaltigkeitszielen (SDGs) formuliert. Diese Ziele sollen weltweit nachhaltige Entwicklung fördern und die dringlichsten globalen Herausforderungen wie Armut, Ungleichheit und Klimawandel bewältigen. Um diese Ziele zu erreichen, ist es notwendig, auch im Verkehrssektor Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Krahl erklärte, dass neben der E-Mobilität auch die Möglichkeit der Nutzung von alternativen Kraftstoffen besteht. Doch was ist die Lösung für nachhaltige Mobilität in der Zukunft?
„Voraussagen sind schwierig – vor allem wenn sie die Zukunft betreffen,“ zitierte Krahl den Nobelpreisträger Niels Bohr zum Einstieg in seinen Vortrag. Da wir nicht wissen, was die Zukunft bringt, müssen wir vorbereitet sein, obwohl wir nicht voraussagen können, welcher Weg der richtige sein wird. In diesem Zusammenhang zitierte Krahl auch Georg Cristoph Lichtenberg: „Nichts setzt dem Fortschritt der Wissenschaft mehr Hindernisse entgegen, als wenn man zu wissen glaubt, was man doch nicht weiß.“
Ein Beispiel für die bereits erwähnten alternativen Kraftstoffe ist der sogenannte „R33 Blue-Diesel“, an dessen Entwicklung Prof. Krahl mitgewirkt hat. In seinem Vortrag erklärte er, was diesen im Vergleich zu herkömmlichem Diesel unterscheidet und dass er eine signifikante CO2-Ersparnis von 22% bietet. Um Deutschlands Ziel, bis 2045 klimaneutral zu werden, zu erreichen, kommt man damit näher, gelöst ist es dadurch aber nicht. Zudem ist R33 Blue-Diesel aktuell in Deutschland nur bei einigen Tankstellen in Wolfsburg und Stuttgart erhältlich, wie Prof. Krahl uns mitteilte.
Wie wir bereits erkannt haben, können wir nicht wissen, was die Zukunft uns bringt. Prof. Krahl betonte deshalb mehrfach, dass es mehrere Wege bzw. Möglichkeiten für eine nachhaltige Mobilität in der Zukunft gibt.
Der letzte Vortrag des Tages wurde von Victor Neumann gehalten. Einst selbst Teilnehmer einer young leaders-Veranstaltung, ist er heute Gründer des Startups „Invest It!“, das sich der gemeinnützigen, kostenlosen und unabhängigen finanziellen Bildung junger Menschen widmet. Herr Neumann erzählte uns von der Gründung seines Startups und den Problemen, denen er sich dabei stellte.
Nach einer kurzen Kaffeepause war es nun Zeit, Prof. Krahl vor laufender Kamera zu interviewen. Da aufgrund des Filmschnitts nur eine Person vor die Kamera treten konnte, hat sich meine Gruppe glücklicherweise darauf geeinigt, dass ich das Interview führen durfte. Dann war es soweit: Ich stand mit einem Mikrofon in der Hand und den Interviewfragen im Kopf vor Herrn Krahl. Eine Kamera war auf uns gerichtet und um uns herum war sehr viel los, da im gleichen Raum für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Gelegenheit hatten, den Expertinnen und Experten Fragen zu stellen. Als Susann Reichenbach mir das Zeichen gab, begann ich mit der ersten Frage. Es war ein einmaliges Erlebnis, vor laufender Kamera ein Interview zu führen. Ich habe gelernt, dass man nicht alles bis ins Detail planen kann, da sonst das Interview nicht authentisch wirkt. Trotz der Nervosität hat mir das Interview sehr viel Spaß gemacht, und ich würde es jederzeit wiederholen.
Nachdem alle Interviews geführt worden waren, stand der Besuch des Baseball-Bundesliga-Spiels der Untouchables Paderborn gegen die Bonn Capitals im Ahorn-Ballpark auf dem Programm. Für uns war ein eigener Bereich mit Grillbuffet reserviert. Das Baseballspiel war ein tolles Erlebnis mit unvergesslicher Stimmung. Anschließend stand den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Zeit zur freien Verfügung. Ich nutzte diese, um mit einigen anderen, die ich beim Baseballspiel näher kennengelernt habe, Paderborn zu erkunden.
Nach einer erholsamen Nacht und einem stärkenden Frühstück, ging es für die Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer wieder in das Heinz Nixdorf MuseumsForum und in ihre Gruppen. Am Abend zuvor wurden alle Beiträge der TV-Kleingruppen zusammen zu einem Film geschnitten, der von der gesamten Veranstaltung berichtet und die TV-Interviews beinhaltet. Bevor der Film im Plenum präsentiert wurde, schauten wir ihn uns als TV-Gruppe gemeinsam an. Später im Plenum wurde auch das Webmag vorgestellt und die Kongresszeitung, die die Interviews der Print Gruppe beinhaltete, wurde an alle verteilt.
Darauffolgend hielt Felix Kopp, Diplom-Jurist der Leibniz-Universität, den letzten Vortrag des Kongresses. Er sprach über „Autonomes Fahren und Künstliche Intelligenz“ sowie den damit verbundenen rechtlichen und ethischen Herausforderungen, vor denen wir in Zukunft stehen werden. Unter anderem erläuterte er das „Trolley-Problem” im Kontext des autonomen Fahrens. Dieses beschreibt ein moralphilosophisches Gedankenexperiment, bei dem ein Zug auf gleichbleibendem Kurs über auf den Gleisen befestigte Menschen fährt. Es besteht jedoch die Möglichkeit einzugreifen und den Zug auf ein Gleis zu lenken, auf dem weniger Menschen oder Menschen mit anderen Berufen, anderem Alter oder anderer Gesetzestreue liegen. Die Herausforderung besteht darin, je nach Konstellation der auf den Gleisen festgebundenen Personen abzuwägen, ob man eingreifen und den Zug umlenken sollte.
Übertragen auf autonomes Fahren ist dieses Problem noch komplexer, wie Felix Kopp den Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmern darlegte. Bei selbstfahrenden Autos muss für jede mögliche Situation eines „Trolley Problems” programmiert werden, welchen Kurs das Auto zu fahren hat. Dabei stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien entschieden wird: Soll nach der Anzahl von Menschenleben entschieden werden? Zählen schwangere Frauen mehr, da sie ein Kind zu erwarten haben? Ist das Leben eines Menschen aufgrund seiner Führungsposition oder seines Alters mehr oder weniger Wert als ein anderes?
Meiner Meinung nach ein äußerst spannendes Thema, das Herr Kopp mit den dazugehörenden ethischen und rechtlichen Problemen sehr anschaulich vermittelt hat. Das Autofahren der Zukunft könnte auch je nach Altersklasse oder Fahrverhalten unterschiedlich sein. Die Idee von verschiedenen Tempolimits je nach Fahrverhalten und Alter eines Fahrers oder einer Fahrerin erweckt den Eindruck von sichereren Straßen. Es könnte jedoch zu Protesten kommen, da diejenigen, die aufgrund ihres vermeintlich “schlechteren” Fahrverhaltens oder Alters eingeschränkt werden, damit sicherlich unzufrieden wären. Zudem stellt sich die Frage, ob eine junge Person, die vermeintlich schlechter fährt, einem anderen Tempolimit unterliegt als eine ältere, aber besser fahrende.
Nachdem der Kongressfilm im Anschluss an Herrn Kopps Vortrag im Plenum präsentiert wurde, ging es nun für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 195. jugend presse kongresses zum Hauptbahnhof, um die Heimreise anzutreten. Für mich war diese Veranstaltung ein unglaubliches Erlebnis, auf das ich mit großer Freude zurückblicke. Deshalb habe ich bereits an einer weiteren Veranstaltung von young leaders teilgenommen.
Neben tollen Freundschaften in ganz Deutschland habe ich meine Medienkompetenz durch die Arbeit mit Profijournalisten sowie der Möglichkeit, vor laufender Kamera ein Interview mit selbst erstellten Fragen zu führen, erheblich erweitert. Darüber hinaus habe ich sehr viel über die Themen Nachhaltigkeit und Mobilität gelernt. Ich habe erkannt, dass Verbote uns in unseren Handlungsmöglichkeiten einschränken können. Zudem habe ich gelernt, dass Katastrophenschutz auf vielfältige Weise nachhaltig gestaltet werden kann und dass das THW dabei stets sein Bestes gibt. Ebenso wurde mir nähergebracht, dass mehrere Wege bzw. Lösungen für nachhaltige Mobilität existieren. Außerdem wurde mir bewusst, welche Herausforderungen in der Zukunft des autonomen Fahrens auf uns zukommen könnten. Eine der vielen Botschaften, die ich mitnehme, ist, dass in der Zukunft einige Probleme im Bereich Nachhaltigkeit und Mobilität entstehen werden oder bereits bestehen, die es mit Hilfe verschiedener Lösungsansätze zu bewältigen gilt.
Gene Kellmann